Aussehen und Aussichten: Vermehrt Schönheits-OPs in Nordkorea

In der Sommerzeit steigt die Nachfrage nach
plastischer Chirurgie in Nordkorea: Studentinnen wollen keine Zeit verlieren
und Eingriffe sowie Heilprozess noch vor Beginn des neuen Semesters hinter sich
bringen. Der gegenwärtige Trend ist bezeichnend für die neuen
Gesellschaftsnormen im Land

.

 „Anders
als früher wird von Frauen viel stärker verlangt, dass sie gut aussehen müssen“,
berichtete eine Quelle aus der Provinz Yangkang Daily NK am 13. August.
„Blepharoplastik [die im Süden populäre ‚Verdoppelung’ des Augenlids] und
kosmetische Tätowierungen an Augen und Lippen werden immer beliebter.“

 

Mikropigmentierungen (auch: kosmetische
Tätowierungen) sind eine populäre Alternative zum täglichen Auftragen von Eyeliner,
Augenbrauen- oder Lippenkonturenstift. Gerade Frauen mit schwach ausgeprägten
Augenbrauen bezahlen häufig für permanentes Make-up, während auch Eingriffe für
den Eindruck vollerer Wimpern oder konturierter Lippen gefragt sind. Der Preis
für eine Augenlid-Operation liegt zwischen 18’000 und 20’000 KPW, und für eine
Mikropigmentierung bezahlt man zwischen 24’000 und 25’000 KPW – mit Ausnahme
der Lippenkonturierung, die um die 18’000 KPW kostet. 

 

„Gut eine aus fünf Studentinnen wird
irgendwann einen kosmetischen Eingriff vornehmen“, prognostizierte die Quelle
und merkte an, dass dies zu ansteigenden Preisen führt. Kleinere Eingriffe
seien bei Frauen zwischen 20 und 30 schon längst an der Tagesordnung.

 

Dies liegt nach Meinung der Quelle daran, dass
gerade junge Frauen sehr empfindlich auf den Wandel der Zeit reagieren. Die
Entscheidung, einen solchen Eingriff vorzunehmen, wird wie vieles durch
besondere Anreize ausgelöst: Wie Daily NK bereits berichtete, ist gutes
Aussehen ein entscheidender Faktor für die Möglichkeit, im Ausland zu arbeiten
– etwas, wonach sich viele sehnen.

 

„Sie schämen sich nicht für ihre
Schönheitsoperationen“, behauptete die Quelle. „Wenn der Unterschied zu
offensichtlich ist, ist es ihnen allenfalls ein bisschen peinlich, aber sie
verbergen es nicht, wenn sie nur einen kleinen Eingriff am Augenlid oder an den
Lippen hatten.“

 

„Die Behauptung, dass Schönheit zum Erfolg
führt, entspricht hier der Wahrheit. Frauen verstehen das am besten“, fügte sie
hinzu. „Der Grundgedanke ist, dass solche Eingriffe sinnvoll sind, wenn sich
dadurch bessere Zukunftsaussichten ergeben.“

 

Der Heilprozess nach einer einfachen Operation
beträgt im Durchschnitt zwei Wochen. Da es Studenten in der Regel nicht möglich
ist, eine längere Zeit nicht am Unterricht teilzunehmen, herrscht im Sommer die
größte Nachfrage. Der strenge nordkoreanische Winter und die ständige
Heizöl-Knappheit zu dieser Jahreszeit führen häufig zu Schwellungen und
Infektionen, weswegen die Ärzte im Sommer meist nicht zur Ruhe kommen.

 

Zwar sind Schönheitsoperationen nach wie vor
illegal in Nordkorea. Dennoch gibt es, wie bei vielen Verboten und
Vorschriften, in der Realität kein Hindernis. „Ich habe noch nie davon gehört,
wie jemand wegen einer Augenlid-Operation oder Mikropigmentierung
Schwierigkeiten bekam“, bestätigte die Quelle und ergänzte, dass solche
Eingriffe auch offen in staatlichen Krankenhäusern und Arztpraxen angeboten
werden.


Jedoch werden auf Grund der hohen Kosten die
meisten Eingriffe zuhause vorgenommen. „Es gibt zwar ausgebildete Ärzte, die
auch Hausbesuche vornehmen, aber größtenteils handelt es sich um Amateure, die
sich das Handwerk selbst beigebracht haben.“ Nach Aussagen verschiedener
Beobachter führt dies nicht selten zu verpfuschten OPs und Infektionen aufgrund
mangelhafter Hygiene.

 

Seit Kim Jong Euns Machtantritt im Jahr 2011 wird
viel Wert auf Jugendlichkeit und Aussehen gelegt, was entsprechend seinen Teil
zu dieser Mode beigetragen hat. Seine modebewusste Gattin Ri Sol Ju gilt dabei
indirekt als Maßstab für das, was derzeit zulässig ist. So sind beispielsweise das
Hosenverbot für Frauen sowie die strengen Vorschriften zu Röhrenjeans bereits
merklich gelockert worden, und auch Accessoires, die zuvor noch als
„antisozialistische“ Erscheinungen gefährlicher „Kapitalistenmode“ galten, sind
bis in die entlegensten Winkel des Landes vorgedrungen. Währenddessen haben Frauen
in der Hauptstadt eine Vorliebe für High Heels entwickelt.

 

 „Die
Leute sind davon überzeugt, dass niemand hart durchgreifen wird, solange sich
die Frau des Marschalls selbst so fabelhaft kleidet“, meinte die Quelle.
„Parteifunktionäre waren die ersten Anhänger des ‚Ri-Sol-Ju-Stils’, und nun ist
es auch beim gewöhnlichen Bürger angelangt.“

 

 „Die
Vorstellung einer ‚idealen Chosun-Frau’ – ungeschminkt, mit kurzem Haar und
Rock bis an die Fußknöchel – ist komplett überholt. Mehr Geld für die eigene
Schönheit auszugeben ist ein sich rasant verbreitendes Konzept.“