Mangelhafter Rettungseinsatz bei der Sewol-Fähre?

Zwei Tage nach dem tragischen Vorfall um die Fähre Sewol in der Nähe von Jindo hat sich Nordkorea am 18. April zum ersten Mal offiziell zu dem Unfall geäußert. Eine Woche nach dem Unfall drückte das Rote Kreuz Chosun [Nordkorea] sein Beileid gegenüber dem südkoreanischen Pendant aus.


 


Seitdem benutzen nordkoreanische Staatsmedien, darunter auch die bekannte Propaganda-Seite Uriminzokkiri, die direkt auf Südkorea abzielt, und KCNA ausländische Medien, um schonungslos die südkoreanische Regierung und deren Umgang mit dem Vorfall zu kritisieren. Dies ist Teil einer klassischen nordkoreanischen Strategie, um einen „Süd-Süd-Konflikt“ zu schüren. In anderen Worten: um interne Konflikte in der südkoreanischen Gesellschaft aufzubauen.


 


Da Meinungen gewöhnlicher Nordkoreaner eher weniger gefragt sind, dominieren die offiziellen Staatsberichte den Medienzyklus. Um dieses Ungleichgewicht zu berichtigen, hat Daily NK Anfang Mai mehrere Interviews mit Nordkoreanern geführt, welche regelmäßig die sino-nordkoreanische Grenzregion besuchen,  um mit ihnen über diesen Unfall zu sprechen.


 


Die interviewten Nordkoreaner drückten ihre Trauer und gleichzeitig auch ihre Wut über den Kapitän des Schiffes aus, welcher das sinkende Schiff noch vor den Passagieren und dem Großteil der Crew verlassen hatte.


 


Sie merkten auch an, dass nordkoreanische Medien zwar tagtäglich die Rettungsaktion Südkoreas und die generelle Handhabung des Unfalls kritisieren, während jedoch die eigene Regierung noch nicht mal diese minimalen Standards erfüllen könnte. Sie fügten auch hinzu, dass Nordkoreas Gesellschaftsstandards durch Jahre der absolutistischen Diktatur völlig ausgeartet seien. So wird zum Beispiel von Bürgern erwartet, im Falle eines Unfalls die Bilder von Kim Il Sung und/oder Kim Jong Il noch vor ihrem eigenem Leben oder dem ihrer Kinder zu retten.


 


„Ich habe die Nachrichten über den Sewol-Unfall gesehen“, berichtete Daily NKs erster Informant, Kim Jae Ho. Er kommt aus Pjöngjang und ist Schreiner. „Es ist eine Schande, dass so viele Schüler auf solch eine Weise gestorben sind. Wenn sie schnell rausgekonnt hätten, wären sie jetzt noch am Leben, aber der Kapitän hatte ihnen befohlen, zu bleiben wo sie sind, und nur er ist davongekommen.“


 


„Wenn diese Schüler seine Kinder gewesen wären, hätte er dann trotzdem nur an sich gedacht und wäre auf diese Weise geflohen?“, sagte Yoo Byung Joon, ein ehemaliger Fabrikangestellter aus der Provinz Nord-Pyonang. „Der Kapitän und die Crew hätten ihre Aufgaben befolgen und die Kinder retten sollen. Es ist beklagenswert, dass nur die Schüler gestorben sind.“


 


Yoos Kommentar war nicht ganz fehlerfrei, da die Schüler zwar den Großteil der Opfer darstellten, aber auch Erwachsene, dessen Priorität es war, Schüler in Sicherheit zu bringen, dabei ums Leben gekommen sind.


 


Yoo fügte hinzu: „Wenn ein Schiff aus Chosun sinkt, muss der Kapitän zuerst die Bilder des Suryeung und des Genereals retten, erst dann kann er Kinder retten. Wenn der Kapitän sich, so wie in Süd-Chosun, zuerst rettet, wird das nicht toleriert.“


 


„Unser Land [Nordkorea] kritisiert die Regierung in Süd-Chosun, aber in Chosun selbst tun sie überhaupt gar nichts“, fügte Park Min Joo aus Sinuiji hinzu. „Die Parteiorganisationen erklärt den Familien nur, dass die Verstorbenen soziale Märtyrer seien.  Das ist alles.“


 


*Dieser Artikel konnte durch die Korea Press Foundation verwirklicht werden. Die Namen wurden zum Schutz der Personen geändert.